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Nur einen Tag, nachdem die rassistischen Gesänge von Sylt die Republik erschüttern, kommt es bei der Erlanger Bergkirchweih zu einem ähnlichen Vorfall: Auch dort grölen junge Menschen rassistische Parolen. Gegen sie ermittelt nun die Kripo Erlangen.
In einer Kneipe auf dem Festgelände der Erlanger Bergkirchweih sollen am vergangenen Freitagabend zwei Gäste ausländerfeindliche Parolen skandiert haben. Wie die Polizei mitteilte, riefen die beiden Männer im Alter von 21 und 26 Jahren “Ausländer raus”, während das Lied “L’Amour Toujours” von Gigi D’Agostino abgespielt wurde. Der Vorfall ereignete sich laut Polizei im Restaurant “Altstädter Schießhaus”. Es ist der nächste Tiefpunkt nach dem Rassismus-Eklat von Sylt.
Zwei in ihrer Freizeit als Gäste anwesende Polizeibeamte aus Essen verständigten den Sicherheitsdienst, der die Personalien der Männer aufnahm und sie der Gaststätte verwies. Das Kommissariat für Staatsschutz der Kripo Erlangen hat die Ermittlungen in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth aufgenommen. Zudem wurde den Tatverdächtigen ein Betretungsverbot für die Erlanger Bergkirchweih ausgesprochen. Die Polizei sucht Zeugen, die den Vorfall beobachtet oder Bilder und Videos davon gemacht haben.
Die Geschäftsführer des betroffenen Biergartens auf dem Gelände der Bergkirchweih distanzierten sich in einer Stellungnahme von den rassistischen Parolen. “Wir verurteilen jede Form von Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz aus das Schärfste”, hieß es. Das Lied “L’Amour Toujours” soll dort zukünftig nicht mehr gespielt werden. Die Stadt Erlangen erklärte bei X: “Ausländerfeindlichkeit und Rassismus haben auf der Erlanger Bergkirchweih keinen Platz.”
Ein ähnlicher Vorfall hatte sich vor wenigen Tagen auf der Nordseeinsel Sylt ereignet und bundesweit für Aufsehen gesorgt: Seit Donnerstagabend kursiert in den sozialen Medien zigfach ein kurzes Video, in dem Partygäste zu sehen und zu hören sind, die zur Melodie des mehr als 20 Jahre alten Party-Hits “L’Amour Toujours” rassistische Parolen grölen – von ihnen sollen einige aus dem Münchner Raum stammen. Unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verurteilte den Vorfall im Nachgang. Mehrere mutmaßlich an den Gesängen Beteiligte wurden mittlerweile von ihren Arbeitgebern entlassen.
Die Fälle von offen ausgetragenem Rassismus häufen sich: Am Freitag wurde bekannt, dass es ebenfalls an Pfingsten in Niedersachsen zu einem ähnlichen Fall kam. Auch auf dem Schützenfest in Löningen wurden rassistische Parolen gegrölt, ebenfalls zu “L’Amour Toujours”. Zeugen, die das Geschehene gefilmt hatten, zeigten den Vorfall bei der Polizei an. Auch dort ermittelt nun der Staatsschutz.
Aus Sicht der Expertin Pia Lamberty zeigt das Sylt-Video eine Normalisierung rechtsextremer Inhalte in der Gesellschaft. “Menschen können ohne Scheu in der Öffentlichkeit extreme Parolen äußern”, sagt die Co-Geschäftsführerin des Centers für Monitoring, Analyse und Strategie (Cemas), das Radikalisierungstendenzen und Verschwörungserzählungen im Netz untersucht.
Der Song “L’Amour Toujours” sei mittlerweile immer mehr mit den rassistischen Parolen verknüpft. “Das macht ja auch was im Gehirn.” So schafften Rechtsextreme eine Akzeptanz solcher Parolen in der breiten Gesellschaft, betont Lamberty.
“Junge Leute erkennen den Ernst womöglich gar nicht”, sagt Rupert Grübl, Leiter der bayerischen Landeszentrale für politische Bildung. Und das sei ja auch eine Taktik der Rechten, “zu sagen: Ist ja alles gar nicht so ernst gemeint, war ja nur als Scherz. Aber mit solchen Dingen etabliert man natürlich über das gesprochene Wort Gedanken in der Gesellschaft. Und man nutzt die Macht des Wortes aus, um solche Tabubrüche zu begehen.”
Tabubrüche, die strafbar sein können. Immerhin geht es hier um den Anfangsverdacht der Volksverhetzung. Tabubrüche, die scheinbar zufällig passieren und einer Strategie der neuen Rechten folgen dürften. “Leider muss man sagen: Die machen das sehr geschickt auf eine Art und Weise, die sich häufig eben jenseits der strafrechtlichen Relevanz bewegt”, sagt Rupert Grübl. Und dennoch gelinge es ihnen auf diese Weise, junge Leute mit einem solchen Gedankengut zu konfrontieren. “Wir wollen hoffen, dass Bildung, dass Medienbildung dagegenhalten kann. Und solche Lieder als das von jungen Leuten erkannt werden, was sie sind, nämlich rechte Nazi-Propaganda.”
Noch ein weiterer Rassismus-Vorfall in Bayern beschäftigt derzeit die Behörden: Am vergangenen Montag wurden zwei Iranerinnen in Eichstätt von einem 40-jährigen Mann angehalten und mit ausländerfeindlichen Parolen beschimpft, so die Polizei. Anschließend schlug er beiden Frauen mit der Faust ins Gesicht. Der einen Frau wurde dabei das Nasenbein gebrochen, die andere erlitt Schnittverletzungen im Gesicht. Den 40-jährigen deutschen Staatsbürger erwartet ein Strafverfahren wegen Körperverletzung und Volksverhetzung.
Also jetzt auf jeder Party einmal das Lied abspielen und damit erst Mal Nazis rausfiltern?
Genau das denke ich mir auf.